„Lieber Witzezeichner“

Am liebsten lässt Cartoonist Johann Mayr seine Bilder für sich sprechen. In Vorstellungsrunden bezeichnet er sich „lieber bescheiden als Witzezeichner“.

Ursprünglich war Mayr Grünplaner im Münchner Planungsreferat, stellte sich eine grünere Stadt vor mit mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und Kinder. „Weil ich ein bisschen zu ungeduldig für die langsam arbeitenden städtischen Mühlen war, brauchte es neben der Arbeit ein Ventil. Für mich waren das Feder und Aquarellkasten, erklärt er. Eine Zeichnung sei eben schneller fertig als ein durchgrüntes Wohnviertel.

„Ich wettete mit einem Kollegen, es mit meinen Zeichnungen auf die letzte Seite der Süddeutschen Zeitung  zu schaffen, das gelang. Ich glaube es war dieser Cartoon (Beitragsbild).

Johann Mayr, 1956 in München geboren und aufgewachsen, arbeitete viele Jahre als
Gartenarchitekt, als Naturschutzbeauftragter und als Stadtplaner. Seit Ende der 80er Jahre (aufgrund einer Wette) Cartoonist.

Mitten Im humorzentrum

Forum Humor: Was ist der Unterschied zwischen einer Karikatur und einem Cartoon?

Johann Mayr: Karikatur ist wohl der ältere Ausdruck. Im heutigen Sprachgebrauch ist darunter der Themenkreis der Portraitkarikatur und der politischen Karikatur zu verstehen. Ein Cartoon kann ebenfalls politischen Inhalt zeigen, weist zusätzlich noch auf zwischenmenschlichen Missverständnisse hin, nimmt Sehnsüchte, Eitelkeiten, Verhaltensregeln und andere Abgründe aller Art aufs Korn.

Worauf achten Sie beim Zeichnen eines Cartoons?
Die Leserichtung, die Blattaufteilung, die Zielrichtung sollten stimmen. Er sollte möglichst nicht belehrend sein, ich möchte mich später nicht dafür schämen müssen und er sollte mir selber gefallen. Es ist eine Freude, wenn das ab und zu ansatzweise gelingt.
Antworten Sie, wenn möglich, mit einem Cartoon: Wo lassen Sie sich inspirieren?
Wie entsteht mit einer Zeichnung ein Kommentar zum Geschehen? 
Ein Cartoon spielt in der Regel mit der Erfahrung des Betrachters. Und die kann sehr verschieden sein.

Bei einer Ausstellung steht ein Paar vor meinen Bildern – sie kringelt sich vor einem Cartoon, er bleibt stocksteif, und beim übernächsten Bild ist es genau umgekehrt. Da kitzelt der Witzezeichner irgendwie das Humorzentrum, ohne genau sagen zu können, wie. Der Cartoon kann die eigene Erfahrung bestätigen, in Frage stellen oder in einen völlig anderen Zusammenhang stellen. 

Was zeichnen Sie am liebsten?

Mit Cartoons zu Sternzeichen, Autos, Kirche und Schule kann man finanziell einigermaßen über die Runden kommen. Mit Umwelt, Tod, Konsumkritik, Antimilitarismus und Antifaschismus weniger.

Persönlich halte ich diese Themen für wesentlich.

Was möchten Sie mit Ihren Cartoons beim Betrachter bewirken? 

 

Wenn der oder die Betrachterin lächelt, bin ich schon zufrieden.
Welche Ihrer Zeichnungen kam am besten beim Publikum an?

In letzter Zeit waren es wohl diese beiden:

Wie haben sich Ihr Witz und Ihre Zeichnung entwickelt? 

Zwischen diesen beiden Cartoons liegen etwa 30 Jahre.

1991
2020
Gibt es beim Zeichnen von Cartoons Grenzen? Etwas, worüber Sie nicht zeichnen? 

Es gibt persönliche Empfindlichkeiten beim Betrachter, die je nach Herkunftsland, Religion, eigener Handicaps und Tagesverfassung unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Ich finde es geschmacklos Verlierern auf die Füße zu treten, oder diejenigen bildlich anzugreifen, die sowieso von allen Seiten Prügel bekommen. Ich glaube, ich habe noch keinen Trump-Cartoon gezeichnet, obwohl ich meistens nur fassungslos den Kopf schütteln kann. Um den politisch inkorrekten Witz kommt man nicht ganz herum.  

Folgende Witze mache ich eher nicht:

 

(Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen, die aufgrund einer meiner Cartoons ihr Zeitschriften-Abo gekündigt oder Morddrohungen aussprechen mussten, sich tief verletzt oder beleidigt gefühlt haben, in aller Form entschuldigen. Das gilt auch für alle ehemaligen Freunde, die in meinen Cartoons vorgekommen sind).
Wie würden Sie Ihren Humor beschreiben?
Eher schalkhaft.
Was wäre die Welt ohne Humor? 
Es gäbe sie vermutlich nicht. Oder ohne Mensch. Ich fürchte, dass Fanatiker und Terroristen kaum Humor haben.